Meißner Nachlese – Wir sind die 0,99%
In der Reihe Meißner Nachlese veröffentlichen wir persönliche Eindrücke, die unsere Redaktion auf dem Meißner 2013 gesammelt haben.
upsi stellt sich heute die Frage ob ein Lager wie Meißner 2013 überhaupt eine gesamtgesellschafte Relevanz haben kann.
Das Meißnerlager hatte ich eigentlich schon früh abgeschrieben, denn mein Job machte mir einen Strich durch die Rechnung: ‚Keine Chance auf Urlaub in der Meißnerwoche!’ lautete die Ansage. Aber dann, ganz unerwartet während ich überlegte, das Internet vor und nach der Meißnerwoche aus ‚Selbstschutzgründen’ zu meiden, ergab sich spontan die Chance auf einen freien Freitag. Also nichts wie hin da! Weil alles so schnell ging, hatte ich im Vorfeld kaum Zeit, große Erwartungen zu entwickeln. Vielleicht war das gar nicht schlecht, denn so bin ich recht offen zum Lager gefahren.
Im Nachhinein bin ich sehr froh über die Entscheidung, immerhin drei Tage mitgenommen zu haben. Das Meißnerlager wird und wurde viel diskutiert, von manchen sogar verachtet als Partylager, als Veranstaltung der Selbstbeweihräucherung oder als Reenactment-Show. Diese Meinung teile ich keinesfalls, jedoch kann ich mich der Einschätzung anschließen, dass dieses Lager in seiner direkten Auswirkung wenig gesellschaftliche Relevanz hat. Die Gründe hierfür sehe ich jedoch woanders.
Natürlich wurde auf dem Lager viel gefeiert – wie ich finde auch zurecht. Schließlich wird man nicht alle Tage 100 Jahre alt. Wer sich jedoch aufmerksam mit dem angebotenen, sehr vielfältigen Programm beschäftigt hat, dürfte neben Musischem, Handwerklichem und Sportlichem genug Angebote zu Diskussion und Auseinandersetzung mit persönlichen und gesellschaftlichen Fragestellungen gefunden haben. Zu wenig Tiefgang kann man den am Programm mitwirkenden Bünden sicher nicht vorwerfen. Vielmehr lag es in der ‚inneren Verantwortung’ jedes Einzelnen, was er von der Veranstaltung mitnehmen wollte. Auch genug Raum für eigene, spontane Aktivitäten war zu finden, stand es doch jedem frei, an Angeboten teilzunehmen oder anderes zu tun.
Über die Erwartungen mancher Meißnerteilnehmer muss ich mich wundern. Ich frage mich, was man überhaupt von einem großen Lager hinsichtlich einer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung erwarten kann. Wie sollen unterschiedlichste Teilnehmer aus über 60 Bünden als geschlossene Einheit Impulse und Forderungen im Großen nach außen tragen, noch dazu, wenn wir doch aufgrund der niedrigen Mitgliederzahlen als gesamtgesellschaftliche Gruppe einen verschwindend geringen Teil ausmachen? Den von einigen geforderten Anspruch, etwas Richtungsweisendes außerhalb der Bünde zu erarbeiten, halte ich für absolut überhöht. Wer diesen an das Meißnerlager hatte, wurde erwartungsgemäß enttäuscht.
Hierin – in einer einzelnen Veranstaltung – liegt meines Erachtens auch nicht die Chance unserer Arbeit. Vielmehr ist es ihre Kontinuität und ihr Wirken in der eigenen Gruppe oder dem Bund. Jeder Einzelne, der geprägt durch seine Erfahrungen – vielleicht auch genau auf diesem Lager – über sich hinauswachsen kann und durch seine Einstellungen und Werte etwas in die Gesellschaft hinein gibt, bewirkt etwas. Allerdings ist dies eher ein stetiger Prozess als ein an einem Lager auszumachendem Ergebnis. Das Meißnerlager ist jedoch mit Sicherheit ein bedeutsames Erlebnis auf diesem Weg, sowohl für die Impulse aus und in den Bünden (man beachte nur einmal Entwicklungen wie den Ausschluss rechter Bünde, die neue überarbeitete Meißnererklärung oder die Arbeit von Tabubruch…) als auch für jeden Einzelnen.
Dies beweist sicher auch der nun vielfach geäußerte Wunsch nach einem weiteren überbündischen Lager dieser Art noch vor dem nächsten Meißnerjubiläum in 25 Jahren. Ich bin gespannt, was daraus wird und hoffe, sollte es dazu kommen, dann komplett dabei sein und mitgestalten zu können.
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