Abenteuer in den Rhodopen – Mit dem Zugvogel Berlin auf Fahrt
Vergangenen Sommer zog es Gerrit nach Bulgarien. Als freivagabundierender Wandervogel begleitete er eine Gruppe des Zugvogel Berlin. Über die Abenteuer, die sie dort in den Bergen und Wäldern erlebten erzählt er uns heute.
Auf nach Thrakien. Im Schatten des Pirin und des Rila Gebirges liegen die Rhodopen. Mit bis zu 2925 Metern reicht es doch zumindest für den ein oder anderen Schweissausbruch bei den täglichen Wanderungen in glühender Mittagshitze. Die sprudelnden Bergquellen, die sich hier wie nur für uns hinter fast jeder Straßenecke verbargen, waren eine willkommende Freude. Einige waren sogar fest eingemauert mit einem mannsgroßen Becken, so dass sie einer Badewanne glichen (was natürlich auch als solche genutzt wurde). Noch mehr Erfrischung brachten höchstens noch die plötzlich aufkommenden Gewitter. Ein sehr heftiges überraschte uns unglücklicherweise mitten auf einer Querfeldeinbergkammüberquerung. Eine Abkürzung wollten wir nehmen und so verließen wir den plätschernden Fluss im Tal und schleppten unser Gepäck ein ausgetrocknetes Flussbett hinauf zum Gipfel der Berge…
Der Aufstieg wurde nach einigen Kilometern immer beschwerlicher. Das steinige Flußbett verbarg sich fast vollständig unter einer dichten Laubschicht und oft verschwand man bis zur Hüfte im Untergrund. Fast hätten wir einen tapferen Mann an einem Wespennest verloren. Der eine krümmte sich bereits vor Schmerzen und hielt sich den gestochenen Finger, doch wir konnten ihn verarzten und mit Fenistilgél retten. Doch Schieba stürzte im Kampf und verlor sein Gepäck. Der Weg war versperrt (Kannst nich’ vorbei). Eine Horde wilder Flugungeheuer mit tigerstripe Kriegsbemalung umkreise das wertvolle Gepäckstück. Doch gerade als fast alle Hoffnung verloren war nahm Schieba all seine ritterliche Kühnheit zusammen und sprang todesmutig auf die Wespen zu und mit einer Eleganz, die man nur bei einem ausgewachsenem Ochsen vermutet hätte, nahm er im freien Fall sein Gepäck auf und kaum gelandet, wand er sich geschickt durch die Reihen der Feinde und so schaffte er es letztendlich die Gefährtenschaft wieder zu erreichen (einige hatten gewartet).
Doch die Ängste waren schnell vergessen – nicht zuletzt weil wir nun fast auf dem Gipfel angekommen waren und die Angst in bloßes Entsetzen umschlug als uns nun ein wirklich heftiges Gewitter heimsuchte. An einen Abstieg war nicht mehr zu denken – die nächste Schutzhütte? Wie wussten nicht mal wo wir selber waren! Es fing an wie aus Eimern zu schütten. Ein tiefes Grollen ließ die Berge erzittern. Der Himmel war tief schwarz. Geistesgegenwärtig warf einer einen Poncho um einen umgestürzten Baum und ein anderer holte die Salami raus. Doch wir hatten ernste Probleme einigermaßen trocken zu bleiben. Zentimeter große Hagelkörner zerhauten uns fast unser Dach und überall kam das Wasser durch. Das Gepäck war einigermaßen sicher, doch wir waren klitschnass und zitterten vor Kälte. So kauerten wir zusammen und es blitzte und donnerte bedrohlich nahe. Plötzlich fing einer an zu singen. Es war Schieba, der erfahrene Seemann, der schon manches Mal auf den sieben Weltmeeren Auge in Auge mit dem Tod gekämpft hatte. Alle stimmten ein und mit noch ein wenig Salami und einem mächtigen „Zugvogel?!“ „AYEN!!!“ konnten dann zumindest die Blitze vertrieben werden und nach kurzer Zeit regnete es auch kaum noch und wir machten uns auf… immer weiter den Berg entlang. Irgendwo musste doch wieder ein Weg sein. Irgendwann würden wir schon wieder auf Zivilisation treffen. Flussabwärts gelangt man immer zu menschlichen Siedlungen, so sagt man…
Der Weg führte vorbei an riesigen Schirmpilzen, die wir in unseren extra dafür vorgesehenen Pilzbeuteln verstauten. Denn Pilze sprossen überall aus dem Boden! Riesige, schmackhafte Pilze, die wir gut gewürzt auf dem Feuer zu schmoren pflegten und die schon das eine oder andere Mal eine echte Bereicherung für unser Mahl waren. Doch was war das? Der langersehnte Weg wurde zum Trampelpfad, doch der Trampelpfad endete einfach. Er schien auch nicht zugewachsen zu sein – er verschwand einfach und wart nie wieder gesehen. Die Stimmung war wieder mal auf dem Tiefpunkt. Doch es nützte nix… Eine kurze Kompasspeilung und dann schleppten wir uns weiter den dichtbewaldeten Berg hinauf. Irgendwann mussten wir doch endlich auf den Pfad kommen, der sich oben auf dem Bergplateu längschlängelte…
Wir fanden ihn auch, so wir wir letztendlich doch alles gemeistert haben. Wir fanden auch eine Schutzhütte. Und in der Schutzhütte fanden wir auch eine grüne Jacke (eine echte Vagabundenjacke, die nur von einem echten Vagabunden getragen werden konnte). Doch davon soll ein andermal erzählt werden. Denn jetzt musste Feuerholz gesammelt und ein deftiges Abendbrot gekocht werden. Am nächsten Morgen ging es weiter, denn die Vorräte wurden knapp und wir hatten noch immer keine echten Pomaken getroffen. Diese legendären Musiker der Rhodopen von denen schon in den griechischen Sagen berichtet wurde, wollten wir treffen…
„Wir gehen noch lang nicht nach Hause, wir sind ja noch munter und frisch…“
Weiter! ;)