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Mit Stiefeln und Sandalen in Griechenland – Auf Sommerfahrt mit dem Stamm Graf Luckner Teil 1

Dies ist ein Gastartikel von nobby aus dem Stamm Graf Luckner im Deutschen Pfadfinderbund Mosaik (DPBM). Er nimmt uns mit auf Sommerfahrt ins von der Krise gebeutelte Griechenland.
Der Artikel stammt aus dem haddak, der Bundeszeitschrift des DPBM. Bei uns erscheint er in zwei Teilen, heute und am Freitag.

Als die Fähre der griechischen Minoan Lines in Venedig ablegt und ein strahlend blauer Morgen nicht nur die ruhige See beglückt, hängen 21 Wuppis freudig grinsend an der Reeling. Es ist der 12. August und unser Ziel heißt Griechenland.

Unter den Vorzeichen der sich auf Stammtischniveau bewegenden Pressekommentare zu den griechischen Staatsschulden übertönt das Schiffshorn alles und Venedig schwebt an uns vorbei. Byzantinischer Stil, Romantik, Gotik und Renaissance. Bürgerhäuser, schiefe Kirchtürme, Kanäle und Paläste. Wie in einem Panoptikum betrachten wir die marode Architektur einer vergangenen See- und Handelsmacht. Tönerne Ziegelsteine gesetzt auf unzähligen Pfählen aus Holz. Wie man weiß, sinkt die Lagunenstadt seit Jahrhunderten in den Schlamm.

An Bord ist von einer Krisenstimmung nichts zu spüren. Das Casino und der Swimming Pool sind geöffnet. Die Rettungsboote bleiben fest vertaut. Einfach gute Stimmung überall an Bord. Wir Älteren machen die erste Bekanntschaft mit dem flüssigen Begleiter für die nächsten Wochen: Mythos Bier. Andere fangen sich bald eine solare Überdosis ein.

Wir kommen am Abend des nächsten Tages in Korfu Stadt an und hier trennen sich die Fahrtengruppen. Unsere Gruppe, mit Magdi, Steffi, Andy, Tiago, Sammy, Denis und mir, findet nach einigen Schwierigkeiten ein Nachtquartier. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Bus in den Süden nach Lefkimi. Von dort wollen wir eine Woche auf dem »Corfu-Trail« im Zick-Zack nach Norden wandern.

Beladen wie wir sind, mit dem Gepäck für drei Wochen und bei hochsommerlichen Temperaturen von mindestens 35 Grad im Schatten, wird uns sehr schnell klar, dass hier Anpassung der Schlüssel zum Erfolg ist. Notgedrungen stehen wir morgens um sechs noch vor der Sonne auf, um vor der Tageshitze zwei bis drei Stunden laufen zu können. Das kriegen wir ganz gut hin, auch wenn am Anfang keiner den Wecker haben will. Der freiwillige Weckdienst muss all seine Penetranz aufbringen, um die Schläfer an einen neuen Tag zu gewöhnen.

Einmal werden wir regelrecht überrumpelt. Und zwar bei der Kapelle, wo wir in einem uralten Olivenhain erwachen. Dort entdeckt uns früh morgens eine rüstige Kirchenmitarbeiterin. Nach einem ersten Schwall freundlicher Worte kehrt die Frau nach wenigen Minuten wieder zurück. Mit einer Kanne Kaffee, frischen Feigen und einer Flasche Ouzo. Wir sind so flexibel und lassen uns auf eine längere Verköstigung ein, auch wenn an diesem Morgen unser Timing etwas aus den Fugen gerät. Nach dem Verzehr der Köstlichkeiten sind wir aber in der Lage und dazu bestens gelaunt, die Verzögerung wieder aufzuholen.

Auf staubigen Wegen schlängeln wir uns durch die grüne Landschaft. Wir begegnen einer alten Witwe. Ganz in schwarz steht sie auf einem vergessenen Feld und bearbeitet mit ihrer Harke die trockene Krume. Calimera. Ihre schwere Arbeit bis ins höchste Alter ist wie ein Ausdruck der Liebe zur heimatlichen Erde.

Zypressen, Feigen und die allgegenwärtigen knorrigen Olivenwälder säumen unseren Weg. Manchmal sehen wir irgendwo einen Esel. Der steht natürlich im Schatten, winkt lustig mit seinen Ohren und lacht uns aus, weil wir in der Hitze die schweren Säcke schleppen. Nach wenigen Tagen hat jeder 19 Liter geschwitzt und morgens blühen auf unseren trockenen Klamotten salzige Blumen. In den Dörfern, wo der Alltag recht beschaulich erwacht, werden wir freundlich begrüßt und keiner nimmt uns krumm, dass wir Deutsche sind. Das Interesse an der griechischen Politik und an der EU scheint bei den Einheimischen nicht allzu stark ausgeprägt zu sein. Athen ist weit weg. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen auf Korfu sehr zufrieden sind, solange die Touristen nicht fern bleiben.

Bei Tageshitze ruhen wir an alten Kirchen oder auf einem Platz im Dorfe aus. Am besten dort, wo ein Becken Wasser spendet. Wir machen uns im Schatten eines alten Gemäuers breit oder unter mächtigen Platanen, die ihre grauen, borkigen Äste wie belaubte Elefantenrüssel kreuz und quer in den Himmel recken.

Führt uns der Trail am Meer entlang, suchen wir uns eine schöne Stelle am Strand und bauen uns aus Kohtenplanen und Ponchos einen Schatten. Als echte »Dharma-Gammler« sind wir auch in Ruhe beschäftigt. Denn wenn wir nicht essen oder trinken, diskutieren wir, lesen hochwichtige Bücher, die wir mit uns herumschleppen, üben uns mit der Gitarre oder riskieren auf einem Pappdeckel eine Partie Bauernschach gegen Sammy, unseren fünffachen Stadtmeister.

Als wir eines späten Nachmittags ein Dorf erreichen und abgekämpft den Pavillon im Zentrum besetzen, treten einige alte Herrschaften des Dorfes neugierig an uns heran. Vermutlich um unsere Kochkünste – insbesondere die von Steffi und Magdi – etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Nach vielen herzlichen Worten und nachdem sich der Abstand zu unseren Köchinnen auf konstant 1,30 Meter eingependelt hat, schenkt uns einer der glücklichen Rentner eine ca. neun Kilo schwere Melone, die er von der Pritsche eines alten Toyotas wuchtet.

Es dauert noch eine Weile, dann hat sich auch bei der Damenwelt herumgesprochen, dass eine lustige Gruppe aus »Germania« im Dorf lagert. Mit Einbruch der Dämmerung schwirrt plötzlich eine laute Schar schulpflichtiger Mädchen um uns herum. Diesmal ist Denis die Attraktion. Denn unser Jüngster ist erst 16 und kann Gitarre spielen. Und zwar mit freiem Oberkörper und viel Gepose. Die Mädchen sind begeistert und treiben mit Denis ihren Schabernack.

Nobby, Stamm Graf Luckner

Wie es weiter geht lest Ihr im zweiten Teil des Berichts am Freitag

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