Mit Stiefeln und Sandalen in Griechenland – Auf Sommerfahrt mit dem Stamm Graf Luckner Teil 2
Dies ist der zweite Teil des Fahrtenarktikels von nobby aus dem Deutschen Pfadfinderbund Mosaik. Wer den ersten Teil verpasst hat dem sei dringend empfohlen noch einmal hier vorbei zu schauen und alles von Anfang an zu lesen.
Bei Peleka steigen wir wieder zum Meer hinab. Am Ende des Strandes finden wir eine kleine von Felsen umrahmte Bucht. Ganze sechs Boote liegen hier im »Hafen«. Dort spannen wir an einem Felsen unser schwarzes Sonnensegel auf. Anschließend nehme ich die recht einfache »Hafenbar« unter die Lupe. Die Bar wird von einem 85-jährigen Griechen und seiner 49-jährigen Frau betrieben. Bei einem Mythos komme ich mit Costa, dem anderen Gast, ins Gespräch. Er verbringt dort jeden Tag viele Stunden, ist quasi Rentner und war früher mit der griechischen Marine in der Welt unterwegs. Damals, noch vor der deutschen Wiedervereinigung, hat er in Wismar eine unerfreuliche Geschichte mit schlechtem Ausgang erlebt. Es gab da eine Bekanntschaft und den Bruder, der sehr wenig davon hielt. Jedenfalls fuhr das Schiff ohne Costa ab und dieser hat ohne einen ordentlichen Prozess 17 Monate im Bau gesessen. Es sollten eigentlich 14 Jahre sein, doch seine Regierung konnte ihn schließlich freikaufen. Das ist lange her. Heute kümmert sich Costa um seine Mutter, sein Haus und die Hühner. Am Abend bietet er an, uns auf den höchsten Berg weit und breit zu fahren, von wo man einen einmaligen Ausblick auf die Insel haben soll. Denis, Tiago und Sammy fahren spontan mit.
Zwei Tage später sind wir auf dem griechischen Festland. Eigentlich wollen wir zum Olymp, stellen aber fest, dass die Anfahrt kompliziert und teuer wäre. Kurzfristig entscheiden wir uns für ein paar Tage im Pindos Gebirge und entern den Bus nach Konitsa in Zagori.
Am nächsten Nachmittag verschwinden wir aus der kleinen, lebendigen Stadt und steigen über die alte Steinbrücke in die Aöos Schlucht ein. Wir schaffen es im Dunkeln noch bis zum Kloster Stomio, welches auf einer Felsennase hoch über der Schlucht liegt. Das Kloster wurde im 2. Weltkrieg von deutschen Soldaten zerstört und wird seit ein paar Jahren wieder aufgebaut. Aus dem Kloster dringt kein Licht und wir können nichts hören. Also machen wir es uns vor dem Gemäuer beim Quellstein bequem.
Der neue Tag bringt unverhofft Besuch. Ein richtig feister Mischlingshund hat uns gefunden. Das Tier kriecht still und zaghaft an uns heran und möchte seine Gesellschaft anbieten. Die Hundedame ist sehr zutraulich und neben der enormen Leibesfülle beeindrucken uns ihre dunklen Augen mit dem wissenden Blick. Auf jeden Fall braucht der Hund einen Namen und spontan fällt »Chanti« (Kurzform von Chantalle). Und wie dieser Name, so hat vermutlich die besagte Hundedame ihre besten Jahre bereits hinter sich.
Auf jeden Fall zieht die Dame fortan mit und folgt uns, so gut sie kann. Rauf in die Berge zur Astraka-Hütte, wieder runter und weiter durch die unwegsame Vikos Schlucht. Drei Tage später erreichen wir das schöne Bergdorf Monodendri. Während wir uns im Kirchpark neben dem Dorfplatz von einem langen Aufstieg erholen, hat Chanti die Schnauze endgültig voll. Der Hund hat bestimmt zwei bis drei Kilo verloren und mit weiteren Schindereien ist bei uns zu rechnen. Sehr dezent hat sie sich aus dem Park geschlichen. Später sehen wir Chanti noch einmal. Locker durch die Gassen schlendernd mit ein paar feinen Touristen.
In dem augenscheinlich wohlhabenden Dorf Monodendri mit seinen herausgeputzten Steinhäusern geschah es auch das einzige Mal, dass wir von einem Lagerplatz verscheucht wurden. Und zwar auf eine ganz diskrete Art und Weise. Beim Einkauf klingelte plötzlich das Telefon in dem kleinen Krims-Krams-Laden und die sympathische Verkäuferin übermittelte mir den Wunsch vom anderen Ende der Leitung: »Bitte verlassen Sie den Park beim Dorfplatz!« Vermutlich hatte ein Offizieller des Dorfes die Bedenken der ansässigen Hotel- und Restaurantbesitzer gesammelt und auf sehr geschickte Weise an uns herangetragen. Immerhin wird uns eine Alternative empfohlen, wo wir über Nacht niemanden stören können. Das neue Amphitheater am Rande der Vikos Schlucht.
Sofort erinnere ich mich an das Theater und an die Worte eines Kellners, als wir ihn Stunden zuvor bei einem Mythos auf den Neubau angesprochen haben. Die Anlage sei auf alten Überresten errichtet worden. Private Gönner hätten das Amphitheater und seine Nebengebäude spendiert. Auf unsere Frage, wie denn eine so große Freilichtbühne von den Dorfbewohnern genutzt werde, antwortete er nur mit einem Achselzucken. Bis auf zwei bis drei kulturelle Pflichtveranstaltungen im Jahr stehe der Komplex völlig ungenutzt herum. Seiner Meinung nach wollen die Gäste, welche Monodendri besuchen, in erster Linie Essen und Trinken und nicht mit anspruchsvoller Musik und Theater behelligt werden.
Ratzfatz sind wir in dem Amphitheater eingezogen. Es gibt sogar einen Wasserhahn, der funktioniert und bald hängen unsere Socken auf einer Leine. Denis ist von der Akkustik ganz angetan. Er baut sich mit seiner Gitarre in der Mitte der Orchestra auf und spielt vor 2 000 leeren Plätzen. Unser Applaus ist überwältigend. Quasi frisch geduscht speisen wir abends gepflegt zu Tisch am oberen Rand des Theatrons. Welch eine Nacht. Funkelndes Gestirn und tausend Zikaden wetteifern in ihrem ewigen Konzert.
Früh am Morgen verlassen wir die Bergwelt des Pindus Gebirges und erreichen mit dem Bus Kalambaka. Dort werden wir am nächsten Tag die anderen Fahrtengruppen treffen und drei Tage gemeinsam chillen, feiern und die Felsen von Meteora erkunden. Zwei Tage später stoßen wir bei unserer Wanderung durch die Felsengärten das erste Mal auf eine Klosteranlage. Tief unten im Tal ist das Kloster unzugänglich wie ein Adlerhorst auf die Kuppe eines freistehenden Felsens gesetzt. Als ich den Kopf zum Himmel hebe, sehe ich hoch über allem ein gigantisches Blau und ein paar Geier, die in der Thermik kreisen.
Nobby, Stamm Graf Luckner
Sehr schöner Bericht. Mehr davon. Und gerne länger.
Hallo Arex,
danke für deinen Kommentar. Die Länge der Artikel ist immer so eine Frage die wir uns selbst stellen. Wir fürchten das im Internet beliebte tl:dr, aber vielleicht sollten wir unseren Lesern mehr zumuten.
Grüße,
WoHei