Nero, Nero schreit die Meute – Auf Fahrt durch Kroatien
Wasser – was für ein Wort. Für uns hat es inzwischen eine tiefere Bedeutung.
Jede Fahrt richtet sich ja irgendwie immer nach dem Wasser aus. Man muss abends eine Quelle oder einen Bach erreichen, um kochen zu können, irgendwann will man sich auch mal waschen, trinken …
Zur Not wird auch noch die kleinste Brackwasserlache oder jedes noch so kleine Rinnsal mühselig mit Tassen oder gar Löffeln ausgeschöpft und nur wer wirklichen Durst kennt, der weiß, was jede kleine Quelle für Freude in uns auslösen kann.
So war es auch auf dieser Großfahrt, unter der sengenden Sonne des Südens, das Wasser, um das sich alles drehte.
Eigentlich wollten wir schon vor vier Stunden wach gewesen sein und hätten jetzt schon die 1000 Höhenmeter hinter uns. Um fünf Uhr wollten wir aufstehen, um vor der Mittagshitze den steilen Aufstieg zu schaffen und rechtzeitig zu sehen, ob die auf der Karte eingezeichnete Zisterne auch Wasser hat. Doch die Bora, einer der stärksten Fallwinde der Welt an der Adriaküste, hat uns die letzte Nacht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Keiner von uns hat auch nur eine Minute schlafen können, bei Windstärken von gefühlten 200km/h und einer Lautstärke die der eines Düsenjets gleich kam.
Jetzt ist es neun Uhr und die Sonne brennt schon wie am Mittag. Wir schleppen uns völlig übermüdet in praller Sonne und mit fünf Liter Wasser im Gepäck die Geröllfelder am Biokovogebirge hoch und nähern uns nur langsam der fast senkrecht aufragenden, weißen Felswand, die heute noch irgendwie bezwungen werden muss. Die nächste Zisterne ist erst dort oben. Ob es überhaupt irgendwo im Gebirge Wasser gibt, konnte uns unten im Dorf niemand sagen. Also beschlossen wir es einfach zu wagen. Wir müssen nur rechtzeitig oben ankommen, um im Notfall auf der einzigen Straße, die das Gebirge durchquert wieder zurück ins nächste Dorf zu gelangen.
Deswegen ist Eile geboten und wir sind schon spät dran. Obwohl wir uns das Wasser eigentlich ganz gut einteilen, neigen sich selbst die fünf Liter, die jeder trägt schnell dem Ende. Die Hitze wird immer unerträglicher, doch wir müssen den Mittag über weiter laufen, um heute noch an der Zisterne, die hoffentlich Wasser hat, anzukommen. Vor der Felswand und somit dem steilsten Aufstieg, gibt es noch eine Motivationspause, doch jeder Schluck Wasser ist nur wie der Tropfen auf den heißen Stein, Mund und Kehle trocknen sofort wieder aus. Mein Wassersack ist fast leer, die Flaschen sind auch nur noch halb voll. Bei 40°C geht es den schmalen Serpentinenpfad die Felsen hoch. Der Durst treibt uns zunächst noch voran, doch je höher wir steigen, desto schwächer werden wir. Auf halber Strecke ordne ich an, dass erst wieder getrunken wird, wenn wir oben sind und die Straße in Sicht ist. So hätten wir wenigstens für den Abend noch eine kleine Reserve, falls die Zisterne ohne Wasser sein sollte. Wir versuchen, ohne Pause bis oben zu kommen.
Aber der Berg nimmt einfach kein Ende, die Serpentinen schlängeln sich in endlosen Schleifen die Felswand hoch. Schatten gibt es auch keinen. Irgendwann scheint ein kleiner Strauch zu verlockend, um einfach daran vorbei zu gehen. Wir kauern uns davor, auch wenn er nicht wirklich Schatten spendet. Geschundene, sonnenverbrannte Gesichter schauen mich mit großen Augen an. Weit kann es eigentlich nicht mehr sein. Ich lasse die Knöpfe dann doch wenigstens ein paar Schlucke trinken, was weg ist, ist weg.
Schon in der Dämmerung kommen wir endlich oben am Plateau an. Doch so richtige Erleichterung kommt nicht auf, schließlich ist noch ungewiss, ob wir heute noch Wasser bekommen. Wir rechnen schon damit, dass das Abendessen ausfällt, weil wir noch bis morgen mit den restlichen drei Schlucken haushalten müssen. Völlig erschöpft, aber doch mit ein bisschen Hoffnung erreichen wir die Zisterne – sie ist leer! Ich habe es irgendwie vermutet. Ohne ein Wort zu sagen, starren wir uns an. Das heißt entweder, morgen ohne Wasser den gleichen Weg zurück oder wir haben Glück und treffen an der einzigen Straße noch ein Auto, was wieder runter zum Meer fährt. Die Enttäuschung wäre groß, nach nur drei Tagen wieder zurück zu müssen, aber es gibt keine andere Möglichkeit, wir müssen davon ausgehen, dass auch alle anderen Zisternen leer sind.
Schweigend gehen wir zurück zur Straße und haben Glück! Ein Auto hält und hat zufällig einen sechs-Liter-Kanister Wasser dabei. Sie schenken ihn uns. Für heute sind wir gerettet. Am liebsten würden wir uns den kompletten Kanister auf einmal reinschütten, aber morgen ist ja auch noch ein Tag.
Wir fragen, ob es sonst noch irgendwo im Gebirge Wasser gibt, oder ob alle Quellen ausgetrocknet sind. Eine einzige Stelle gäbe es wohl noch, an einer Berghütte mit einer Pumpe. Sie wird unser nächstes Etappenziel. So schlagen wir uns irgendwie durch, durch dieses wildromantische Gebirge, mit seinen weißen Felsen und grünen Wiesen. Gäbe es auch Quellen, wäre alles noch viel schöner. Doch die nächsten Tage treibt uns nur der eine Gedanke, wie wir ohne Wasser weiter kommen. Quälender Durst ist unser ständiger Begleiter.
Eine Woche später sind wir in einem kleinen, verschlafenen Bergdorf weiter nördlich. Das ausgetrocknete Biokovogebirge liegt hinter uns. Unser Plan ist es, dem Lauf eines Gebirgsfluss zu folgen, der oberhalb des Dorfes entspringt. Auch dieses Mal wissen wir nicht, ob der Fluss Wasser führt. Als wir aber aus dem Auto steigen, das uns in diese gottverlassene Gegend gebracht hat, können wir das Wasser förmlich riechen.
Hastig verabschieden wir uns von unserem freundlichen Fahrer und rennen erwartungsvoll zu der kleinen, gemauerten Brücke, die über unseren Fluss führt. Türkisblaues, kristallklares Wasser schießt unter der Brücke hindurch. Wir können uns nicht mehr halten vor Übermut. In sekundenschnelle werden Rucksäcke und Gitarren fortgeworfen und wir springen noch mit Klamotten in das kühle Nass. Wir können unser Glück kaum fassen. Den restlichen Tag verbringen wir mit baden, baden, baden.
Die nächsten Tage folgen wir schließlich unserem kleinen, eiskalten Flüsschen am Ufer entlang. Wir schlagen uns durch Dickicht am Ufer und über Geröllfelder, die steil bis ins Wasser ragen. Oft müssen wir die Flussufer wechseln, um auf der anderen Seite besser weiter zu kommen. Jede Flussdurchquerung ist uns eine willkommene Abwechslung und jede noch so kleine Pause wird genutzt, um in voller Montur ins Wasser zu springen.
Der Wassersack ist schon seit Tagen tief unten im Rucksack verschwunden, die Wasserflaschen brauchen wir gar nicht erst aufzufüllen. Das reinste Paradies. Auch noch Tage später können wir uns an diesem kleinen Fluss erfreuen. Was fürein Kontrast zur „Wüstenwanderung“ durchs Biokovo!
Hallo Annika,ich bin der Charly.Habe längere Zeit mit dem Bernd Mails ausgetauscht und auch drei MSF`s auf der Waldeck besucht.Kannst mir einen Gefallen tun.Vorerst Glückwünsche zu dem tollen Fahrtenbericht.
Habe ein Lied auf Tonträger.Da lautet ein Refrain….Nero,Nero schreit die Meute….kannst Du mir den -Titel des Liedes mailen,evtl. Quelle oder sogar Noten!
Horridoh!
Charly