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Von Mühen und Freuden der ersten Fahrt – Osterfahrt ins Mühlbachtal

Erschienen in myrrhenstreu 17 / 2014 – Die Postille des phoenix

Drei altgediente Vagabunden und sechs absolute Neulinge – so sah die Fahrtenmannschaft aus, die sich das schöne Mühlbachtal südlich von Nassau als Fahrtenziel ausgewählt hatte. Wir kamen spät am Ausgangspunkt der Fahrt an. Was daran lag, dass wir zuvor einen langen Abend mit Axi auf dem Phoenixhof mit viel Singen und Erzählen verbracht hatten. Das war gut eine Woche, bevor er starb. 

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Die Neuen mussten nun zum ersten Mal in ihrem Leben die Affen packen. Und viele Fragen mussten beantwortet werden: Was brauche ich wirklich von all dem Zeug, das ich mitgebracht habe beziehungsweise das Mama mir eingepackt hat? Wie geht das mit der Rolle? Wie viele Riemen brauche ich? Wie wird noch einmal das Koschi befestigt?
Nach dieser ganzen Prozedur standen wir schließlich zitternd in der Kälte und wollten gerade los, da riss der Trageriemen an Pascals Affen. Glücklicherweise hatten wir einen Ersatz dabei, Pascal packte um, und so konnte es bald losgehen. Ein ganz seltsames Gefühl für die Neuen, so mit einem Affen auf dem Rücken hineinzulaufen ins Unbekannte: Wie lange laufen wir noch? Wo schlafen wir? Ist es noch weit? Solche Fragen sind nicht zu beantworten und eben deswegen wurden sie auch schnell nicht mehr gestellt.
Wir liefen ein gutes Stück in das Tal hinein und nach einem langen Aufstieg fanden wir im winterlichen Wald auch eine schöne Stelle, wo wir unsere Kohte aufstellen wollten. Nun hieß es, allen Neuen genau zu erklären und vorzumachen, was man alles braucht, um eine Kohte aufzustellen. Und wie das gut und in dieser Kälte so schnell wie möglich zu machen ist. Vor allem das Knüpfen war eine Qual, da die Finger sich vor Starre nicht mehr richtig bewegen ließen. Bald aber war die Kohte aufgebaut und das Innere schön vorbereitet, genügend Feuerholz gesammelt und Wasser von der nächsten Quelle geholt. Das Feuer flackerte, die Nudeln brodelten im Topf, jeder lag in seinem Schlafsack. Es wurde erzählt, gegessen, Tee getrunken, gesungen. Die für die allermeisten erste Kohtennacht begann. Es wurde eine gute Nacht.

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In der Kälte hatten wir aufgebaut. In noch größerer Kälte wurde abgebaut. Das Wasser im Hortentopf, der im Zelt stand, war gefroren. Und so machte manch einer die Erfahrung, dass es kein Entrinnen gab: Der Widrigkeit, in diesem Falle der Kälte musste standgehalten werden. Wir froren eben und die Finger waren eben eiskalt und steif, bis wir alles verstaut hatten. Das war eben so. Da war nichts zu machen. Doch als wir dann losliefen, wurde uns langsam wieder wärmer.
Bei einer kurzen Rast, als bruder andreas zum wiederholten Male die Feldflasche am Affen eines Jungen befestigen sollte, passierte das Unglück: Die Gitarre rutschte von seiner Schulter herab und fiel so unglücklich auf den Boden, dass der Hals abbrach. Sie fand ihre letzte Ruhestätte mit allen Fahnenehren an einem Baum in luftiger Höhe und hatte so ihren eigenen Himmel. Ewige Ruhe sei ihr vergönnt, hat sie uns doch lange Zeit hindurch in nahen und fernen Ländern gedient. bruder andreas war natürlich besonders traurig über den Verlust seiner geliebten Freundin.
Weiter ging die Fahrt, auf Wegen und auch querfeldein. Trotz der Kälte kamen wir oft ins Schwitzen, und bei manchem stiegen innere Fragen hoch: Was soll das eigentlich? Warum tue ich mir das an? Welchen Sinn ergibt unser Laufen und Rasten, unser Mühen und Feiern, Lachen und Erzählen, Singen und Schweigen, Schauen und Entdecken, Essen und Trinken, mal viel, mal wenig? Fragen, die immer wieder neu gestellt werden müssen und wohl auch immer wieder neu eine Antwort verlangen, von jedem Einzelnen und der Gruppe als Ganzem.
Und am Abend wieder einen guten Platz suchen, mit Holz, mit Wasser und einigermaßen flach. Wieder knüpfen, wieder Stangen suchen, wieder Heringe schnitzen. Kohte einrichten, Nachtlager bereiten, kochen, erzählen, essen, singen, schlafen. Dieses Heimatfinden in der Kohte nach einem langen Tag, diese Gemeinschaft unter Freunden rund ums Feuer, dieses Aufeinander-angewiesen-Sein und Sich-aufeinander-verlassen-Können, dieses Vertrauen und gemeinsame Erschaffen und Erkämpfen, dieses leckere Stückchen Brot beim Brotbrechen vor der Mahlzeit – dies alles lohnt die Mühe, die Plackerei des Laufens, des auf den Schultern drückenden Tornisters, des Frierens und Schwitzens, Hungerns und Dürstens. Die Magie der Fahrt begann jeden von uns in Besitz zu nehmen, ein unbeschreibliches Gefühl gerade für diejenigen unter uns, die das zum ersten Mal erleben durften …

Horten der Landstörzer und Vaganten
Orden der Vagabunden
Jungenbund Phoenix

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